| CRAZY
nach dem Roman von Benjamin Lebert ein Stück für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene Premiere: „Du bist nicht behindert, sondern crazy.“ „Ich bin sechzehn Jahre, und ich bin ein Krüppel. Nur, damit ihr es wisst. Ich dachte, es wäre von beiderseitigem Interesse.“ (Benjamin)
Na gut, die fünfzehn haben die anderen in
Benjamins neuer Klasse auch geschafft. Aber halbseitig gelähmt, damit setzt
er eine neue Nuance im Schloss Neuseelen, jenem Ort, der Eltern die
Erziehungsarbeit erfolgreich abzunehmen verspricht. „Wir schwimmen alle in der gleichen Scheiße.“ (Janosch)
Wer bislang das Internatsleben nur aus
Hanni- und Nanni-Romantik kennt, wird seinen Augen kaum trauen beim
Reinschauen in diesen Mikrokosmos diesseits der Alpen: Mit zarten
Jungmädchen-Streichen hat man hier nichts am Hut. Hier, in Schloss
Neuseelen, kämpfen die Jungs um ihr eigenes Ich. Aber wie formt sich das
eigene Ich, wenn man sechzehn ist und alles andere offen? Ganz vorne steht, wer
bei den Mädchen gut ankommt. Die sind irgendwie weiter. Zumindest kommt es
den Jungen so vor. Zwischen zaghaftem Liebeseingeständnis und
Bananen-Kondom-Geübe trainiert sich die Internats-Boygroup für das große
Abenteuer Zärtlichkeit – allerdings so fern der Verwirklichung, dass es alle
jenseits der sechzehn schaudert in der Rückschau. Und die Jüngeren mögen
hoffen, dass sie es einfacher treffen werden.
„Die ganze Jugend ist ein einziges großes
Fadensuchen.“ (Florian) Keiner ist
richtig normal, aber auch nicht wirklich unnormal – „CRAZY“ nennt Benjamin
Lebert seinen Roman-Erstling mit vielen autobiografischen Zügen. Das
Theaterstück von Moritz Seibert und Marco Dott schiebt das Wirren um das
Erwachsenenwerden in das Szenario Internat – wie unter der Lupe bewegen sich
die zweibeinigen Mehrzeller aufeinander zu und wieder voneinander weg.
Eigenheiten gibt es zuhauf, aber auch Ansätze von tieferer Freundschaft und
Anhauch von Verlässlichkeit. Genaues Hingucken ist erwünscht, das
Wuppertaler Kinder- und Jugendtheater öffnet die Brennweite für alle, die
sich auf Jugendblick ohne Weichspül-Schleier einlassen wollen. Es spielen
Jugendliche der „Crazy“-Altersklasse und bringen so ein Stückchen ihrer
Wuppertaler Lebenswelt mit auf das Bühnen-Labor. Auch unter der Schwebebahn
kommt einem vieles lateinisch vor. Und wer „Crazy“ zuschaut, sieht, dass
zwischen „De Bello Gallico“ und seinem dreigeteilten Gallien zwingend ganz
heutige Dinge passieren. Ereignisse, denen selbst verständnisgeschulte
Pädagogen nichts entgegen setzen können, eben, weil sie doch schon so fern
der sechzehn sind.
(Und dann, am Ende, keimt doch ein
kleines bisschen Hanni- und Nanni-Gefühl: Gemeinsam haben wir´s geschafft,
und selbst, wenn wir von der Schule geflogen sind, beim Klassentreffen in
zwanzig Jahren ist alles eine schöne Lebensanekdote mehr. Beruhigend. Oder?)
Petra Wagner |
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| Regie |
Lars Emrich Laurentiu Tuturuga |
| Ausstattung | Laurentiu Tuturuga |
| Sound | Christoph Iacono |
| Benjamin | David Fischbach |
| Janosch | Terje Schneider/ Matthias Withs |
| Troy | Sven Roßbach |
| Florian | Sascha Kirschberger |
| Felix | Florian Leckebusch |
| Malen | Sally Taha |
| Anna | Constanze Klinghammer |
| Marie | Louella Mainka |
| Christine | Lena Dochat |
| Maike | Marie Luise Rauscher |
| Dr. Richter/Herr Lebert | Dieter Marenz |
| Frau Westphalen/Frau Lebert | Isabel Lipke |
| Regieassistenz | Karola Brüggemann, Romina Jugel |
| Technische Leitung | Till Buchwald |
| Ton | Benjamin Krüger |
| Licht | Oliver Spenn |
| Requisite | Hannah Brüggemann |
| Kostüm | Eva Droste-Wagner, Hannah Brüggemann |
| Werkstatt | Susanne Zeibig, Bianka Buße |
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Kritiken stehen erst nach der Premiere zur Verfügung. |
Gestaltung: SIGNUM DESIGN
& KUNST, Wuppertal
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